mont blanc

Ein besonderes Ziel haben wir uns für das Ende dieses Winters ausgesucht.

1. Tag

Um 0.30 Uhr verließen wir unser verschlafenes Örtchen Richtung Süden. In der Dämmerung erreichten wir die Grenze zur Schweiz. Eineinhalb Stunden später lag vor uns der Genfer See. Ruhig und glatt, überzogen mit einem hauchdünnen Nebelschleier, breitet er sich vor uns im Tal aus. Wenige Kilometer weiter, in Martigny bogen wir auf die Passstraße ins Tal von Chamonix ab. Es ging steil hinauf an den Weinbergen. Einige Bauern waren schon bei der Arbeit an ihren Weinstöcken. Der Anblick hinunter ins Tal war einmalig. Die Sonne schickte ihre ersten wärmenden Strahlen über die Bergkuppen hinweg und die Rebstöcke streckten sich ihnen entgegen. Die Straße wurde immer schmaler und steiler. Wir stiegen immer höher hinauf. Mehr und mehr Schnee säumte den Straßenrand. Und da, wir bogen um eine letzte Kurve und plötzlich waren wir mittendrin. Um uns rum Schnee bedeckte Hänge, hoch aufragende Felsen und tiefe Schluchten. Wir überquerten die Grenzstation und kamen nach Vellorcine.

Unser Ziel rückte immer näher. Weit oben in einer Wand entdeckten wir eine Staumauer. Unten im Tal, waren wir bereits an einem Elektrizitätswerk vorbei gekommen. Die Passstraße führte uns hinab nach Argentiere. Dort eilten Touristen zu den Stationen der Telekabinen. Während unserer Fahrt durch das Tal schauten wir immer wieder fasziniert nach oben. Auf der einen Seite das Mont Blanc Massiv auf der anderen dagegen „sanfte Hügel“ und dazwischen Chamonix. Ein Ort für viele Touristen. Wir fuhren weiter und passierten die Abfahrt durch den Tunnel du Mont Blanc. Der Wegweiser zeigte uns an, dass nur noch wenige Kilometer bis Saint Gervais zurückzulegen waren. Wir verließen die Autobahn und fuhren in Serpentinen die letzten Kilometer bis zum Ziel. Es ging vorüber an Gasthäusern die aufwändig saniert im alten Glanz erstrahlten, durch die kleine Innenstadt mit Paterserien, Cafés und Sportgeschäften. Über den Kreisverkehr und die Brücke Richtung Le Bettex.

Noch eine Abbiegung und wir standen vor unserem Domizil in einer herrlichen Lage. Zu unseren Füssen im Tal lag Le Fayet, Le Paz und Sallanchet. Hinter uns, fast drohend erhob sich das Mont Blanc Massiv bis in den blauen Himmel. Nach einer kurzen Verschnaufpause beschlossen wir das schöne Wetter auszunutzen und unser Pistenabenteuer direkt zu beginnen. Bei französischen Medalliengewinnern und Olympiasiegern mieteten wir ein Snowboard. Immerhin in passender Größe aber nicht passender Breite für die Füße meines Begleiters. Nicht einfach bei Schuhgröße 49.

Die Gondel brachte uns von Le Bettex hinauf zum Freddy. Dort standen wir zunächst desorientiert vor der riesigen Karte des Skigebietes. Wir suchten uns einfache Pisten zum üben, da zumindest für einen von uns galt, ein wenig zu üben und die Technik zu verbessern. Vor lauter Eifer des Fahrens und der Freude am Schnee verging die Gelegenheit, das Umfeld genauer in Augenschein zu nehmen. Nach drei Stunden mussten wir unseren müden Körpern endgültig eine Pause gönnen.
Wir gondelten ins Tal und bezogen unsere Ferienwohnung im Le Grand Panorama. Unser vorgekochter Bauerntopf machte sich bezahlt . Später machten wir es uns einfach gemütlich, doch selbst mir vielen frühzeitig die Augen zu. Was für ein Tag.

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2. Tag

Mit einem ausgiebigen Frühstück starteten wir in den neuen Tag. Ausgangspunkt unserer sportlichen Aktiviäten war der Freddy. Von dort aus befuhren wir zunächst die einfacheren Pisten bis hinüber zum Rochebrune.
Um dorthin zu gelangen überquerten wir das Tal und den Ort Megevé mit einer Seilbahn. Vom Rochebrune aus genossen wir einen Dreitälerblick. Zum einen Richtung Albertville, zum anderen Richtung Chamonix und in der Mitte Richtung Megevé und Sallanchet. Da die Sonne auf den Pisten vom Rochebrune schon einiges hatte schmelzen lassen, beschlossen wir zurück auf die andere Seite zu gondeln um dort in höheren Lagen weiter zu fahren. Am Nachmittag verließen wir völlig geschafft die Pisten. Nach einer ausreichenden Stärkung machten wir uns zu Fuß auf Entdeckertour durch das Zentrum von Saint Gervais. Wir schlenderten vorbei an dem Laden für einheimische Produkte, in dessen Auslage leckerer Käse, luftgetrocknete Salami, frische Eier, Pilze und Schokolade unsere Aufmerksamkeit weckte. Wir gingen weiter, am Kreisverkehr vorbei und wieder kam ein Geschäft mit Spezialitäten der Region und Handwerkskunst. Im Zentrum fanden wir kleine Cafés, Unmengen von Sportgeschäften und Paterserien, die Kunstgalerie und natürlich das Karussell. Durch kleine verwinkelte Gassen gingen wir zurück zur Hauptstraße.

3. Tag Atemberaubend und abenteuerlich sollte es sein.

Der morgendliche Blick aus dem Fenster verhieß nichts Gutes. Dicke Regentropfen vielen herunter und ich war deprimiert. So schnell alles vorbei?
Mein Begleiter meinte, wir sollten erstmal nach oben fahren, dort schneie es bestimmt. Ich lies mich darauf ein und er hatte nicht Unrecht mit seiner Vermutung. Kurz vor Le Bettex verwandelten sich die Regentropfen in Schneeflocken. Wir stiegen um und fuhren weiter hinauf zum Freddy. Während der Fahrt wurde die Sicht immer schlechter. Oben angekommen standen wir mitten in den Wolken. Dichtes Schneetreiben und ein scharfer Wind machten den Aufenthalt nicht angenehm. Die beiden Herren aus der Gondel vor uns, waren ebenso unentschlossen den Weg ins Tal über die Pisten anzutreten, wie wir. Sie fragten uns, ob wir mitkommen wollten. Wir waren noch nicht mutig. Wir berieten, welche Piste wir überhaupt fahren konnten bei diesen Verhältnissen. Die Wahl fiel auf die 158 vom Freddy zum Mont Joux.  Wieder oben angekommen trafen wir eine Französin. Sie fragte uns, ob sie mit uns mitfahren könne. Allein bei diesem Wetter wäre einfach viel zu gefährlich gewesen. Wir nahmen sie mit. Mit unserem kläglichen Französisch konnten wir nicht glänzen, so führten wir die Unterhaltungen in der Gondel auf Englisch. Wie wir erfuhren, stammte sie aus der Nähe von Paris und war ebenfalls für eine Woche hier in Megevé. Sie studiert irgendwas mit Kino oder Film. Nach zwei Stunden Schneesturm waren wir völlig durchnässt und durchgefroren. Und trotz der menschenleeren Pisten und dem Neuschnee beschlossen wir den Rückzug ins Tal und verbrachten einen gemütlichen Nachmittag im Warmen. Später wagten wir uns für einen Kurzspaziergang vor die Tür, um uns bei der Touristeninformation einige Broschüren über die Umgebung zu holen. Man muss ja wissen was hier so los ist.

4. Tag

Schon am Abend zuvor hatte sich der Regen auch hier im Tal zu Schnee verwandelt. Alles hatte ein weißes Häublein auf und es schneite immer noch. Die Sicht war bei weitem besser als tags zuvor und die Pistenverhältnisse besser denn je. Wir verbrachten den ganzen Tag auf unserer Snowboards im Neuschnee. Wobei es anfänglich immer wieder zu leichten Stürzen führte, wenn man von einer halbpräparierten Piste plötzlich in den Tiefschnee abbog. Übrigens einen Dank an die Pistenraupenfahrer, die uns so viel Neuschnee gegönnt haben. Völlig kaputt verließen wir an diesem Tag die Piste. Langsam kam ich an den Rand meiner körperlichen Leistungsfähigkeit und eine Erkältung machte sich zusätzlich schleichend auf den Vormarsch.

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5. Tag

Der Himmel war bedeckt mit dicken Wolken. Den Gipfel des Mont Blanc hatten wir seit Tagen nicht gesehen. Er hatte sich hinter einer Nebelwand verschanzt. Meine Kräfte schwanden immer mehr und wir fuhren am frühen Nachmittag zurück ins Tal. Vor lauter Erschöpfung fielen mir die Augen zu. Später am Nachmittag beschlossen wir einen Spaziergang zu der angrenzenden Schlucht zu machen. Wir passierten einen Weg, der eigentlich abgesperrt ist. Unsere Neugier trieb uns voran. Vorbei an einem schönen Aussichtspunkt steigen wir auf einem aufgeweichten Pfad hinab ins Tal. Unten schlängelt sich der Gletscherfluss durch die Felsen. Tief hat er sich in den Jahren in den Stein hinein gefressen. Da entdeckten wir die Brücke, die auf die andere Seite führte. Erst als wir sie betraten, wurde uns klar, dass sie mitten über einen Wasserfall führte. Genau in der Mitte der Brücke fällt das Wasser in die Tiefe der Schlucht. Mir stockt der Atem. Mit so einem Naturschauspiel hatten wir nicht gerechnet. Am anderen Ufer angelangt nahmen wir den schmalen Pfad nach oben. Kurz vor dem Ziel, nur noch die Metalltreppe mit ca. 50 Stufen nach oben, mussten wir umkehren. Ein Felsbrocken war auf eine Plattform der Treppe gekracht und hatte diese so aus der Verankerung gerissen, dass kein Aufstieg möglich war. Also mussten wir auf der anderen Seite der Schlucht wieder nach oben. Endlich oben angekommen, begrüßten uns ein paar Sonnenstrahlen und eine schnatternde Elster.

Nach diesem aufregenden Fußmarsch beschlossen wir mit dem Auto ein Fahrt durch das Tal zu machen. Zuerst ging es hinunter nach Le Fayet, von dort aus weiter nach Sallanchet. Eine etwas größere Stadt am Fuße des Berges mit wunderschönen Chalet´s an ihren Hängen. Mitten im Zentrum bogen wir ab auf den Pass Richtung Albertville. Vorbei an so schönen Orten wie Combleux, welcher auch zu dem Skigebiet gehört. Am nächsten Kreisverkehr weiter Richtung Le Bettex und Saint Gervais. Wir fuhren vorüber an kleinen Gebirgsflüssen die das Schmelzwasser ins Tal transportieren und bereits grünen Wiesen auf denen Osterglocken blühen. Hier ist schon Frühling.

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6. Tag  Auf dem Weg zum höchsten Berg Europas, dem Mont Blanc.

Am frühen Morgen schien das Wetter so hoffnungsvoll. Der Himmel war blau. Wir wollten dies Nutzen um einen Ausflug der besonderen Art zu machen. Mit der Tramway du Mont Blanc von Saint Gervais über Col de Voza nach Bellevue. Bellevue liegt auf einem Plateau unterhalb des Mont Blanc. Leider zog sich der Himmel immer mehr zu und vom Gipfel war nichts mehr zu sehen. Wir brachen unser Unternehmen Bahnfahrt ab und gingen stattdessen auf die Piste. Hoch bis auf den l’epaule trauten wir uns heute und der Ausstieg aus dem Lift glich einem Auswurf. Die Abfahrt gestaltete sich sehr schwierig, eine wirklich schwarze Piste. Am Abend fuhren wir mit dem Auto bis zum Ende des Tals. Le Contamines heißt der Ort und hier wimmelt es nur so von Touristen. Wir fuhren weiter, bis zum Ende der Straße. Dort steht Notre Dame La Gorge – eine wunderschöne kleine Bergkirche. Um uns rum steigen die Gebirgswände steil nach oben und der Weg zum Gletscher.

7. Tag

Die Sonne lachte und selbst der Mont Blanc hatte sich heute nicht versteckt. Kleine Schleierwolken tummelten sich an seinem Gipfel. Jedes Mal wenn ich hinüber sah, bot sich ein neuer faszinierender Anblick. Am liebsten wäre ich den ganzen Tag auf der Bank sitzen geblieben und hätte hinübergeschaut. Aber wir hatten noch ein Abenteuer vor. Gegen Mittag brachen wir auf, den für uns höchsten Gipfel Mont Joly zu erstürmen. Die Sesselbahn kommt bei 2353 m an. Der Ausstieg ist diesmal sanfter. Begeistert standen wir vor dem sich bietenden Anblick. So verdammt nah waren wir dem Mont Blanc noch nie gekommen. Vom eigentlichen Gipfel des Mont Joly trennten uns noch 172 Höhenmeter. Ich hatte nicht mehr die Kraft und auch nicht den Mut über den schmalen Grad nach oben zu steigen. Drei junge Franzosen traten die Wanderung an, sie baten uns um ein Foto, welches wir ihnen von zu Hause aus zu senden. Pistenstar Muhmi war natürlich mit uns unterwegs.

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Wir genossen unseren letzten Pistentag obwohl die Sonne in den niedrigeren Lagen endgültig den Frühling einläutete. Die letzen Meter hinab ins Tal sind eine Qual. Der Winter ist vorbei und das Board kommt für eine lange Zeit in sein Sommerquartier.Für den Abend hatten wir uns noch etwas Besonderes vorgenommen. Wir fuhren zu unserem Aussichtspunkt und genossen den Sonnenuntergang in den Bergen. Ich nutzte die Gelegenheit ein paar spektakuläre Fotos zu machen. Wir besuchten noch St. Nicolas. Von da aus war der „Große Berg“ zum greifen nah und mir gelang ein bezauberndes Foto von der Aiguille du Midi.

In der nächsten Saison würden ich gern gemeinsam mit den Kindern zurückkehren und die Pisten befahren, die wie in diesem Jahr nicht geschafft hatten oder die schon geschlossen waren.

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